Nordisches Modell zur Regelung der Prostitution in Österreich. Verbot des Kaufes sexueller Dienstleistungen.
In den vergangenen Jahren hat sich Prostitution in Österreich und Europa dramatisch verändert. Selbstbestimmte Sexarbeit ist leider eine Seltenheit. Das Nordische Modell gilt als das zur Zeit erfolgreichste Konzept für eine fortschrittliche, menschenwürdige und feministische Prostitutionspolitik. Es verbietet den Kauf sexueller Dienstleistungen und NICHT die Prostitution. Immer mehr Länder schließen sich diesem Modell an.
Menschenhandel, ein hohes Risiko Opfer von Gewalt oder eines Tötungsdeliktes zu werden, enormer Preisverfall. Arbeitsbedingungen mit z.T. über 60 Stunden pro Woche, ein Anteil an Migrantinnen von inzwischen fast 95% und steigender Konkurrenz sind Realität. Diese macht es für die Frauen schwieriger, Kunden, diverse Praktiken oder ungeschützten Sex abzulehnen. Die Freiwilligkeit ist für Prostituierte stark eingeschränkt, Freier haben mehr Macht als bei anderen „Dienstleistungsbranchen“ und viel öfter ist Gewalt im Spiel.
All das sind Fakten, die wir nicht hinnehmen wollen. Menschenhandel und Ausbeutung muss ein Riegel vorgeschoben werden.
In neoliberalen Zeiten wird vielfach das Diktat des freien Marktes von Angebot und Nachfrage als unreflektierte Rechtfertigung für diese Sachverhalte herangezogen. Der Druck dem Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter ausgesetzt sind und zu ihrem Einverständnis führt, ist ein System legaler Gewalt und wird nicht hinterfragt. Verrichtet überwiegend von Frauen an heterosexuellen Männern. Die männlichen Freiern werden dabei als ihren Trieben unterworfen dargestellt, die ein Recht auf sexuelle Befriedigung haben.
Wir wissen, dass Sexarbeit keine Arbeit wie jede andere ist, sondern, dass diese einem zutiefst patriarchalen Muster folgt. Es ist der Ausdruck unterschiedlicher Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen, die hier noch deutlicher als in anderen Bereichen zum Ausdruck kommen. Es geht darum, wer die gesellschaftliche Macht besitzt und wer auch ökonomische Gewalt ausübt. Unsere Zukunftsvision ist eine egalitäre Gesellschaft in der eine Macht-Gleichheit zwischen den Geschlechtern besteht und in der Männern nicht zugestanden wird, über Frauen gesellschaftlich und ökonomisch zu dominieren.
Besonders in den letzten Jahren wird immer offensichtlicher, dass die neoliberale Verwertungslogik immer weiter in den Bereich der Prostitution eindringt – die Diskussion um Flatrate-Bordelle ist nur ein Beispiel dafür. Wir Sozialdemokratinnen wenden uns gegen jegliche Form der neoliberalen Verwertungslogik und versuchen dieser in jeder Lebenslage mit klaren Regeln zu begegnen. Wir wollen die Frauen dabei unterstützen, selbstbestimmt und frei von ökonomischem Druck ihr Leben zu meistern.
Sexarbeit ist oftmals Resultat eines Arbeitsmarktes, in dem Frauen häufig in finanziell schlecht gestellte bzw. prekäre Beschäftigungsverhältnisse gedrängt werden. Wir wollen, dass alle Frauen einer Arbeit nachgehen können, die sie dazu befähigt, selbstbestimmt leben zu können und bei der sie ohne ökonomischen Druck existieren können. Dies umso mehr, als dass Frauen immer öfter aus südosteuropäischen Ländern zu uns kommen, die noch unter einem viel höheren ökonomischen Druck stehen. Es besteht also ein finanzielles Gefälle, dem innereuropäisch aber auch global geantwortet werden muss. Es darf nicht sein, dass angesichts prekärer Arbeitsverhältnisse, Sexarbeit als einziger Ausweg erscheint. Aber das ist oftmals heute noch die gesellschaftliche Realität.
Derzeit bestehen in jedem Bundesland unterschiedliche Regelungen für legale Prostitution – von der notwendigen Altersgrenze bis hin zu den möglichen Arbeitsorten. Eine Vereinheitlichung dieser Bestimmung würde die Kontrollmöglichkeiten, sowie die Information der SexdienstleisterInnen über ihre Rechte und Pflichten erleichtern.
Bei der Frage von Prostitution geht es immer auch um Geschlechter- und Klassenverhältnisse, sie zeigt die Asymmetrie in den Geschlechterverhältnissen auf. Es geht um neoliberalen Kapitalismus, der die Folgen sozialer Ungleichheit individualisiert und die Freier als „Konsumenten“ im Unsichtbaren lässt.
Sexarbeiterinnen sind eine sehr inhomogene Gruppe. Selbstbestimmung und freie Wahlmöglichkeit gibt es nur, wenn es auch Alternativen gibt. Diese sind für die Frauen oft nicht vorhanden. Gleichzeitig wird Kritik an der Ausbeutung oft als diskriminierend den Frauen gegenüber dargestellt, ökonomischer Zwang nicht diskutiert. Ohne Gleichheit gibt es keine Freiheit. Frauen, die sich freiwillig zur Prostitution entschließen, sind die Ausnahme.
Im Jahr 1998 verabschiedet Schweden mit „Kvinnofrid“ (Frauenfrieden) ein Gesetzespaket zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Teil davon ist das Verbot des Erwerbs sexueller Dienstleistungen. Begleitet wird „Frauenfrieden“ von breit angelegter öffentlicher Aufklärung und einer Intensivierung der Sexualerziehung (u.a. auch Auswirkungen von Pornografie-Konsum).
Die europäische Kommission für Gleichstellung und Nicht-Diskriminierung hat Anfang 2014 einen Antrag beim Europarat eingereicht, mit dem die Prostitution in den Mitgliedstaaten in Anlehnung an die Schwedische Gesetzgebung verboten werden soll. In Schweden ist der Kauf von Sexleistungen verboten. Der Kunde wird bestraft, die Prostituierte aber bleibt straffrei. Der Menschenhandel mit Frauen sei in Schweden seither stark zurückgegangen, hieß es in dem am 8. April 2014 veröffentlichten Bericht der Versammlung in Straßburg.
In Frankreich stellt ein neues Gesetz gekauften Sex künftig grundsätzlich unter Strafe. Seit Dezember 2014 hat Kanada das Schwedische Modell und damit ein „Sexkaufverbot“ eingeführt. Wo die Nachfrage geschwächt wird, wird die Ausbeutung von Frauen und Mädchen geringer. In Ländern mit liberalisierter Gesetzgebung ist der Menschenhandel offensichtlich stärker vorhanden.
Die Freier bestrafen, nicht die Prostituierten, fordert auch das Europäische Parlament in einer im Februar 2014 beschlossenen Resolution. Nicht nur Zwangsprostitution, sondern auch freiwillige sexuelle Dienstleistungen gegen Bezahlung verletzen die Menschenrechte und die Würde des Menschen, betonten die Abgeordneten. Die Legalisierung habe in den Niederlanden und Deutschland zu einem Desaster geführt. Notwendig sei ein nuancierter Ansatz, der die Männer bestraft, die die Körper der Frauen als Gebrauchsgegenstand behandeln, ohne dabei diejenigen zu bestrafen, die in die Sexarbeit abgeglitten sind. „Wir senden ein starkes Signal: Das Europäische Parlament ist ambitioniert genug, um Prostitution aktiv zu bekämpfen, anstatt sie einfach als unumgängliche Realität zu akzeptieren“, begründete Mary Honeyball (S&D, UK), die die Resolution entworfen hat.
Das irische Oberhaus, bestätigte am 22. Februar 2017 die Sexual Offences Bill. Bereits vorher hatte die Abstimmung im Dáil Éireann, dem irischen Unterhaus, eine klare Mehrheit offenbart: 94 von 103 Abgeordneten stimmten dafür. In Irland war bereits 2008 beschlossen worden, Freier von Zwangsprostituierten zu bestrafen – machten sie aber geltend, dass sie von Zwang nichts bemerkt hätten, hatten sie nichts zu fürchten. Das ist nun anders. Die Sexual Offences Bill ist wie in Schweden ein ganzes Gesetzespaket, es umfasst das Sexkaufverbot, die völlige Dekriminalisierung von Prostituierten, verschärfte und neue Gesetze gegen Kinderpornografie und Grooming.
Dem Gesetz ging ein zehnjähriger Kampf der „Turn Off the Red Light Campaign“ voraus, einem breiten Bündnis von 72 Organisationen. Der der Gewerkschaftsbund schloss sich der Kampagne mit einem deutlichen Bekenntnis an, dass Prostitution, kein „Beruf“, die Wortkreation „Sexarbeit“ eine PR-Strategie der Profiteure von Gewalt gegen Frauen ist. Mit dem Nordischen Modell wolle man ihnen ein klares Signal geben: „In diesen Ländern ist der Markt geschlossen!“
Am 16. Juli 2017 hat im israelischen Parlament eine parteiübergreifende Allianz von Regierungs- und OppositionspolitikerInnen einstimmig Gesetzesentwürfe angenommen, die die Freierbestrafung und Aufstiegsprogramme für Prostituierte vorsehen.
Auch in Österreich sollen daher Freier bestraft werden, wenn sie die Dienste von Prostituierten in Anspruch nehmen.
Dieser Antrag wurde bei der Bezirksfrauenkonferenz der SPÖ Innsbruck einstimmig angenommen.