Aus dem Alltag der Gemeinderatsmitglieder: Irene Heisz

Irene Heisz, Gemeinderätin

Was ich tue?
Das, was alle Leute, die nicht in einem krisenwichtigen Beruf oder Betrieb arbeiten, zurzeit tun:
Mich um ältere Familienmitglieder und Nachbarn kümmern.
Computer und Kleiderschrank aufräumen.
Fenster putzen, mangels Dafürfehltmireinfachdiezeit-Ausrede. Und ich stelle fest: Den Durchblick zu haben, ist auch beim Wohnzimmerfenster ein durchaus erstrebenswerter Zustand!
Lesen, schon mein ganzes Leben lang das wichtigste geistige Überlebensmittel überhaupt!
Lustvoll kochen. Und jemand muss das Gekochte ja dann auch lustvoll essen.
Fernsehen, viel ORF- und internationale Nachrichten, aber auch viel gestreamte Unterhaltung.
Yoga mit meiner neuen besten Freundin Adriene (schlag nach im Internet!) und gelegentlich im Schneckengalopp Frischluft tanken.
Mann und Sohn möglichst nicht auf die Nerven gehen.

Was ich nicht oder kaum tue:
Facebooken u.ä., weil ich mir nichts einfangen möchte, das meine psychohygienische Immunabwehr schwächen könnte.

Meine lokalpolitische Tätigkeit im herkömmlichen Sinn ausüben. Da Gemeinderätinnen sowieso keine Arbeitsplätze im Rathaus haben, muss ich Aktenstudium, die schriftliche und telefonische Kommunikation mit BürgerInnen etc. auch ganz ohne Pandemie im Home Office — sprich: an meinem privaten Schreibtisch, meinem privaten Computer und meinem privaten Telefon — erledigen. Da macht Corona keinen Unterschied. Arbeitssitzungen, Veranstaltungen (was freu’ ich mich darauf, wieder einmal in eine Theatervorstellung oder ein Konzert zu kommen!) und persönliche Treffen aller Art fallen aber naturgemäß aus.

Innerhalb der Koalition kommunizieren wir deshalb über eine Nachrichtengruppe und auch über eine Videokonferenz-App, bekommen Informationen vom Krisenstab des Bürgermeisters und bringen unsere Fragen, Ideen und Anliegen ein. Außerdem klappt gut, was auch v.C. (vor Corona) schon funktioniert hat: der kollegiale Zusammenhalt im Gemeinderat. Mit Gemeinderatskolleginnen und -kollegen, denen ich vertraue und die ich schätze, verständige ich mich über Parteigrenzen hinweg natürlich auch jetzt auf dem kurzen Nachrichten- oder Telefonweg.

Worüber ich nachdenke:
Die oberste Priorität in den ersten Tagen der Krise war und ist, die Stadt schlicht am Laufen und so gesund wie möglich zu halten. Das heißt für den Krisenstab und die Mitglieder der Stadtregierung, täglich ganz konkrete, oft sehr schwierige und komplexe Entscheidungen zu treffen. Und das heißt für mich als gewählte Gemeinderätin in Verantwortung für unsere Stadt konstruktiv mitzudenken, Probleme aufzuzeigen, wo ich sie sehe — und ansonsten sozusagen möglichst nicht im Weg zu stehen.

Klar ist aber: So, wie Politik jetzt gerade ist und gemacht wird, kann es nicht noch wochen- oder gar monatelang weitergehen. Wir — wie alle anderen Gemeinderäte und Landtage in Österreich — müssen schnellstens einen Weg finden bzw. legistisch dafür frei machen, unsere Arbeitssitzungen, die laut Stadtrecht bisher persönliche Anwesenheit erfordern, via Videokonferenz o.ä. abzuhalten. Das sind ja keine Kaffeekränzchen, die man machen kann oder auch nicht, sondern tatsächlich die Orte der Demokratie, an denen Wesentliches diskutiert und entschieden wird. Momentan muss der Bürgermeister Dringendes im Wege des Notrechts erledigen (bzw. als Behörde verordnen). Extrem froh bin ich zum Beispiel für die zahllosen Kultur- und sonstigen Vereine in der Stadt, für die wir auf diesem Weg schnell die Zugangsbestimmungen zu Subventionen erleichtern konnten. Das wird — hoffentlich! — vielen das Überleben ermöglichen. Aber auf Dauer darf eine Stadt nicht so regiert werden.

Ähnliches gilt für die Verordnungen des Landes und der Bundesregierung und die Gesetze, die dieser Tage durch den Nationalrat gepeitscht wurden. Was da passiert, gilt wohl zu Recht momentan als buchstäblich überlebenswichtiger Konsens. Diese massive, nie da gewesene Beschneidung unserer Grundrechte als Bürgerinnen und Bürger ist aber dennoch zutiefst beunruhigend und definitiv nichts, womit ich dauerhaft leben möchte. Die Opposition, ich richte diesen Appell natürlich speziell an meine SPÖ-Kolleginnen und -kollegen im Nationalrat, muss daher äußerst wachsam und misstrauisch bleiben — und sobald sich unser Leben einigermaßen normalisiert haben wird, entschlossen darauf drängen, dass auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen wieder an das Leben in einer liberalen Demokratie angepasst werden.

 

Link zum ganzen Beitrag: https://www.meinbezirk.at/innsbruck/c-lokales/aus-dem-alltag-der-gemeinderatsmitglieder-teil-3_a4015635